Liveaufnahme eines Hörbuchs

Als gegenseitig befruchtender Dialog zwischen bildender Kunst, improvisierter Musik und sprachlicher VerDichtung muß man das spartenübergreifende Projekt Prægnarien verstehen. Hieß es einst „Wer nicht hören will, muß fühlen.“, könnte man nun behaupten „Wer nicht fühlend sehen will, muß lesen." Und hören! Haimo Hieronymus bevorzugt das Individuelle des Strichs, empfindet im Glattgebügelten reiner Ideenkunst beliebige Langeweile und gähnende Austauschbarkeit. A.J. Weigoni verachtet die Bewertungskultur der Medien. Der Posaunist Philipp Bracht spielt Noten abseits der vorgeschriebenen Linien. Diese Artisten wollen als Künstler nicht bewundert, sondern in treusorgender Ironie betrachtet werden, ein Augenzwinkern ist nicht ausgeschlossen. A.J. Weigoni veranstaltet in diesen Prægnarien ein furioses Stimmenkonzert aus Reimen und Kalauern, den Tücken der deutschen Grammatik und ihren Wortzusammensetzungen. Es gibt in diesen Gedichten Buchstaben als etwas Hörbares und Buchstaben als etwas Sichtbares. In der künstlerischen Auseinandersetzung treffen sich Bracht, Weigoni und Hieronymus regelmäßig an der Grenzlinie, dort, wo Schrift in Zeichnung und auch in Klang übergeht. Es geht bei dieser Performance um die Sehnsucht nach Körperlichkeit, sinnlicher Unmittelbarkeit. Keine anderer Klang lebt so sehr vom Atem. Keine andere Musik verlangt ähnlichen körperlichen Einsatz. Bläser und Angeblasene verschmelzen zu einer Einheit, werden Teil eines großen atmenden Klangkörpers. Keine Maschinen, sondern allein die Lungenzüge geben den Rhythmus vor. Tonmeister Täger wird diesen Abend live aufzeichnen. Die Performance soll als Hörbuch in der Edition Das Labor erscheinen. Praegnarien, Performance von Philipp Bracht und A.J. Weigoni in der Werkstattgalerie Der Bogen, in Arnsberg, am 19. Januar ab 20.00 Uhr

Verfasser: Matthias Hagedorn, 01/2013

 
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Kolumne

von Matthias Hagedorn

Gedichte, Hörbuch von A.J. Weigoni
Als Tom Täger 1989 im Tonstudio an der Ruhr Helge Schneiders erste Schallplatte Seine größten Erfolge produzierte, hat man ihn für verrückt gehalten.

Virtualrealität
Sollte das Internet ein getreues Abbild einer Geistesverfassung sein, so fehlt den Menschen zu Beginn des 21. Jahrhunderts vor allem eins: Ein Bewußtsein für die Realität

MetaPhon mit »Gedichte«

Der Sound der alten BRD
Im Gegensatz zu Christa Wolfs neoromantischer Geschichte »Kein Ort. Nirgends.« stellt sich A.J. Weigonis Dokumentationskomödie »Ein Ort. Skoping.« der Frage: „Wie gelangte das Schaf in das Wappen von Schöppingen?“

MetaPhon ab Mai 2011 »Reality Radio«

Das Hungertuch
Der Künstlerpreis wurde gegen Ende der Fastenzeit verliehen.

MetaPhon ab April 2011 mit »Zur Sprache bringen...«
Im Radio hört man Behinderungen nicht

MetaPhon ab Merz 2011 mit
Die Frage "Woher kann ein Bischof so gut küssen?" wird unstrittig von Eva Kurowski beantwortet. Während man bei Elmar Steinrückens akustischen Western den Gebrauch von Pfeil und Bogen erlernen kann, kämpft Helge Schneider mit den Tücken eines Anrufbeantworters.

MetaPhon ab Februar 2011: »RaumbredouilleReplica
Das Beruhigende an Science-Fiction-Stoffen ist die Erfahrung, daß andere Welten zwar anders aussehen, trotzdem aber genauso funktionieren wie die Unsere. Andererseits ist es betrüblich, wenn man immer wieder feststellen muß, daß sich eine bessere Welt bisher nirgends durchsetzen konnte.

MetaPhon ab Januar 2011: Gotthard Günther liest Naturphilosophie...

MetaPhon ab Januar 2011 - mit

MetaPhon, die AV-Reihe der Edition Das Labor ab 2011 auf vordenker.de

Novität: »Zombies«, Erzählungen von A. J. Weigoni
A.J. Weigoni ist mit der für ihn typischen Neugier auf der Suche nach dem Banalen. Er spitzt in den Erzählungen »Zombies« auf seine Weise zu, daß Banalität zunehmend das Maß des Alltäglichen wird; er legt mit seinen Formulierungen die brutalen Implikationen des Normalen frei.

Edition Das Labor

Porträt eines Ohryeurs
A.J. Weigoni erlag der Faszination des Mediums Radio in seinen Kindertagen, als der Rundfunk zu einem Zauberinstrument des Wortes wurde, zur akustischen Probebühne der Poesie, zum Atem der Vernunft. Er saß vor einem Rundfunkempfänger mit „Tigerauge“ wie vor einer Kultstätte und vergaß, als er vor dem Lautsprecher saß, die Apparaturen und Stationen. Das Medium Radio erlebte er als zauberhaft und seine Unmittelbarkeit als bestechend. Wenn er den Empfang optimieren wollte, mußte er nur geradewegs ins magische Auge des Empfangsgeräts schauen, das aufging oder sich schloss, wie eine sogenannte Abstimmanzeigeröhre, welche die Stärke des Signals veranschaulichte. Der Himmel war nicht nur der Himmel der Erde, sondern auch das Firmament der Kunst.

Lese–Musik im Kopf
Aus einem musikalischen Einfall heraus entwickelt Tom Täger ein 24teiliges Stück.

Die meisten Menschen pfeifen auf Lyrik, wir zwitschern!
Dank des der Kurznachrichtendienstes Twitter ist der Aphorismus eine auflebende Form. Ein Aphorismus ist modern, wenn er der Denkgenauigkeit seiner Zeit entspricht.


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