Hörfaszination

Das Wahrnehmen eines Geschehens nur über das Hören ist schon eine Faszination für sich. Wenn wir ein Erlebnis erfahren, indem wir es hören, dann ist schon diese Fähigkeit des Menschen eine echte Besonderheit.

Wenn wir eine Stimme hören, erscheint sofort vor unserem geistigen Auge auch ein Gesicht. Die Stimme erhält einen Charakter. Ist die Stimme tief und brummend, so ist die Person bestimmt ca. 40 Jahre alt, wohlbeleibt und trägt einen Vollbart. Ist der Wortschatz gemütlich, allwissend und gut, so mag auch eine Pfeife nicht fehlen. All dies sind Vorstellungen, die allein schon der Klang der Stimme im Menschen hervorruft. Wir sehen die Person direkt vor uns und haben doch lediglich dessen Stimme gehört. Gehört . . . und alleine darauf kommt es an.

Die Faszination im Hörspiel besteht darin alle Empfindungen, die wir über unsere Sinnesorgane aufnehmen können, in einem Medium festzuhalten und zu vermitteln: dem Hören. Alles was wir z. B. beim Fernsehen zu sehen bekommen, muss beim Hörspiel in Worte und Laute umgesetzt werden. Ein Glas, das auf einem Tisch abgestellt wird, muss in Töne umgewandelt werden. Ein deutliches Geräusch, welches die Situation klar werden lässt, bringt dem Hörer die Handlung nah. Wie der Raum, der Tisch und das Glas aussehen bleibt dem Hörer selbst und seiner Phantasie überlassen. Somit erlebt jeder diese Handlung anders. Auch, wenn der wesentliche Handlungsablauf gleichbleibt, schließlich soll ja auch eine Geschichte erzählt werden. Der Hörer soll zu Stimmungen angeregt werden. Er soll die Handlung selber erleben und seine individuelle Welt erschaffen, in der sich die Handlung abspielen kann.

Durch besondere Formen des Hörspiels können auch Geschehnisse, die üblicherweise ohne gesprochene Worte durchgeführt würden, als Selbstgespräch erlebt werden. Die handelnde Person gibt ihre Gedanken in Worten preis, die nur der Hörer - als außenstehender Beobachter - wahrnehmen kann.

Die Fähigkeit durch das Hören Bilder zu sehen, Situation zu erleben und Gefühle zu spüren ist eine Kunst.

Bei der Erstellung eines Hörspiels wird diese Kunst angewandt. Wie bei jeder anderen Kunstform, so muss der Mensch sich auch beim Hören eines Hörspiels auf das Gehörte einlassen. Wer sich den Bildern eines Hörspiels nicht versperrt, es auf sich wirken lässt und die Geschichten mit Phantasie zum Leben erweckt, der wird die Faszination des Hörspiels erleben.

Verfasser: Malte Köhne, 07/2002

 
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 schöner beitrag.
es soll doch tatsächlich menschen geben die keine hörspiele mögen. schrecklicher gedanke.:-)

 18.01.2009 22:48

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 Von Kindheit an war ich schon von Hörspielen fasziniert. Ich habe z.B. noch keine Verfilmung des Dracula-Stoffes gesehen, die ich so gruselig fand wie "Dracula-Jagd der Vampire". Obwohl das Lesen eines Buches die Phantasie noch mehr anregt, war gerade im Fall "Dracula" in dem Original Bram Stoker-Roman nur ein verwirrendes Sammelsurium an Briefen und Tagebucheintragungen zu finden, die meiner Meinung nach ziemlich viel Spannung herausnahm. Offenbar ist es Konrad Halver gelungen DAS Medium für diese Geschichte zu finden: Das Hörspiel. Auch ansonsten haben mich eher Hörspiele dazu gebracht, mich für die Buchvorlagen zu interessieren als umgekehrt. Was die Vorstellung der Gesichter angeht, so gilt das nur für unbekannte Schauspieler. Bei den Bekannten stellt man (zumindest ich) sich doch eher den Schauspieler vor. Und sollte es sich bei den Sprechern um die Syncronstimme eines ausländischen Schauspielers handeln (z.B. Volker Brandt = Michael Douglas), so stellt man sich diesen vor. Die Phantasie wird in den meisten Fällen durch die Tonvorgaben doch schon ein wenig eingeschränkt.

 11.09.2003 12:39

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Kolumne

von Malte Köhne

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